Dienstag, 28. Februar 2012

Halbzeit

Unglaublich, aber es dauert nur noch einen halben Monat und dann ist ein halbes Jahr Argentinien schon vorbei. Als wir Ende Januar unser Zwischenseminar in Baradero, einer Stadt in der Provinz Buenos Aires, hatten, ist mir das erst richtig bewusst geworden. Wie schnell die Zeit doch vergehen kann =(. Mir kommt es gar nicht so vor, als wenn ich schon so lange hier bin. Aber das zeigt ja mal auch wieder, wie wohl ich mich hier doch fühle und wie gut ich mich mittlerweile doch hier in Argentinien eingelebt habe =).
Ende Januar hatte ich mein Zwischenseminar für eine Woche in Baradero. Zusammen mit  einigen anderen deutschen Freiwilligen haben wir auf dem Seminar die kompletten letzten Monate nochmal aufgearbeitet, haben über Probleme gesprochen und auch darüber, wie wir uns unsere letzten Monate in unserem Projekt vorstellen und was unter anderem unsere Ziele sind. Gerade durch den letzten Punkt hat sich meine Motivation, die zuvor ein bisschen nachgelassen hatte, wieder aufgebaut, da man nun genaue Dinge vor Augen hat, die man auf jeden Fall in den kommenden Monaten noch erreichen will. Seien es persönliche Ziele, aber auch Ziele, die direkt etwas mit dem Projekt zu tun haben. Zuvor habe ich mich gar nicht solche Gedanken darüber gemacht. Auf dem Seminar hatte man mal die Möglichkeit sich komplett mit sich selber und den letzten Monaten auseinander zu setzen und man konnte sich mit anderen Freiwilligen austauschen, die oft vielleicht auch die gleichen Probleme oder Glücksmomente hatten. Mir hat es besonders gut gefallen, dass ich mich endlich mal mit einer kleinen Gruppe von Leuten austauschen konnte, die auch in einem Seniorenheim arbeiten. Denn eine Vielzahl der Freiwilligenprojekte sind doch eher auf  Kinder spezialisiert, sodass man oft die einzige war, die in einem Seniorenheim gearbeitet hat. 
In der letzten Woche habe ich nur vier Tage gearbeitet, weil ich leider krank geworden bin, aber vielleicht tat der Abstand zur Arbeit auch ganz gut, da es momentan einige Dinge gibt, die mir in Santa Marta nicht gefallen und die einen zum Teil auch belasten. In dem Seniorenheim gibt es einen Mann, der seit mehreren Jahren schon im Rollstuhl  sitzt und deren Gelenke dadurch sehr steif geworden sind. Durch Erzählungen anderer habe ich mitbekommen, dass die vorherigen Freiwilligen regelmäßig mit ihm gelaufen sind, sodass ich es zusammen mit Paula oder Katti auch ausprobiert habe, mit ihm ein paar Schritte zu gehen. Und wer hätte das gedacht, es hat super geklappt. Vor kurzem, als wir wieder mit ihm gegangen sind, hat uns eine Krankenschwester gefragt, wer uns denn gesagt hätte, dass wir das machen sollen. Sie ist nämlich der Meinung, dass diese Laufübungen gar nichts bringen würden und es für uns nur eine zusätzliche Last wäre. Dabei macht es uns total Spaß zu sehen, welche Kraft doch noch in den Beinen des Mannes steckt und für ihn ist es auch mal eine Abwechslung aus seinem Rollstuhl und dem Alltagstrott herauszukommen. Er freut sich total darüber, wenn wir mal wieder zwei Freiwillige auf der Arbeit sind und somit die Möglichkeit besteht, zu laufen, da ihm immer zwei Leute unter die Arme greifen müssen, damit er genug Halt hat. Obwohl uns ein anderer Krankenpfleger erzählt, dass es wirklich Sinn macht diese Übungen regelmäßig zu wiederholen, da er so viel beweglicher wird und sich somit auch das Windelwechseln für die Krankenpfleger vereinfacht, wurde ich persönlich doch etwas eingeschüchtert. Dann steht man da und weiß nicht so recht, was man machen soll, weil man auch nicht weiß, wie weit man als Freiwilliger gehen kann oder eher gesagt, in wie weit man seine eigene Meinung einbringen darf. Es ist schwierig mit solchen Situationen umzugehen, vor allem besteht bei mir auch das Problem, dass mein Spanisch noch nicht so gut ist, dass ich weiß, wie ich mich nett bzw. höflich genug ausdrücken kann, ohne die Krankenschwester in ihrer Arbeit zu kritisieren oder zu beleidigen. 
Ein weiterer Fall ist eine ältere, etwas stämmigere Frau in Santa Marta, die aufgrund ihrer Unbeweglichkeit im Rollstuhl sitzt. Ständig wird sie von einer Krankenschwester aufgrund ihres Gewichtes beleidigt, sodass ihr oft die Tränen in den Augen stehen. Aufgrund dessen will die Frau auch nicht mehr um die Hilfe der Krankenschwester bitten, da sie Angst hat wieder beleidigt und grob behandelt zu werden. Vor kurzem musste die Seniorin auf die Toilette, da es ihr im Rollstuhl sitzend nicht gelang in die Windel zu machen. Doch die Krankenschwester hat ihr nicht geholfen, da sie meinte, dass sich die Senioren daran gewöhnen müssen in eine Windel zu machen. Obwohl wir sie auch nochmal darum gebeten haben, zeigte sie keinerlei Reaktion und verbot uns, der Seniorin zu helfen, da wir dafür keine Ausbildung haben. Jetzt sitzt man nun da als Freiwilliger, muss der Frau erklären, warum sie nicht auf Toilette gehen kann bzw. darf und hat gleichzeitig ein sehr schlechtes Gewissen, weil man sich einfach so nutzlos fühlt, nichts machen zu können.  Ich könnte jetzt noch mehr erzählen, aber das muss jetzt erst mal reichen. Auf jeden Fall hoffe ich sehr, dass sich dort bald im Umgang zwischen den Senioren und den Krankenpflegern bzw. Krankenschwestern ändert, denn es macht einen doch ganz schön traurig so etwas zu sehen.
Trotz alle dem gehe ich gerne zu Santa Marta, denn die Senioren sind einem doch ganz schön ans Herz gewachsen =).

Im März bekomme ich endlich Besuch aus Deutschland von meinem Freund und dann wird erst mal ein bisschen gereist, um aus dem kleinen Eldorado mal raus zukommen und etwas anderes zu sehen. Ich freue mich riesig darauf und werde euch danach ganz viel berichten und Fotos hochladen =).  Bis bald!

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